Bedeutung

Das Gesetzbuch des Hammurabi oder auch Kodex Hammurabi ist in vielerlei Hinsicht auch heute aufschlussreich und interessant. Zum einen zeigt es ein Bild des Rechtsverständnisses in der Zeit von Babylon und ist damit eines der ältesten überlieferten Gesetzbücher.

Prägend ist das Gesetzbuch durch seine immer wiederkehrende Implikationslogik (wenn A, dann B). Weiterführend bietet es einen Einblick in die prägenden Arbeiten und Beziehungen zwischen Menschen, je nachdem wie intensiv und ausführlich ein Thema oder Arbeit ausgeführt wurde.

Dies ist auch gleichzeitig eine Kritik an dem Aufbau der Gesetzestexte. Das Gesetzbuch umfasst alle Arbeiten und alle sozialen Fälle, welche dem König Hammurabi bekannt waren bzw. für die er eine Implikationslogik aufgebaut hat. Ein solches Gesetzbuch muss ständig erweitert werden und kann auch thematisch nicht unterteilt werden.

Symmetrie – Talionsprinzip

Die Stele mit seinen 282 nachträglich nummerierten Gesetzen ist von seiner Symmetrie von besonderer Bedeutung. Es ist besonders auffällig, dass sowohl Chance/Gewinn und Risiko/Verlust klar definiert und immer auf die Person und seine Arbeit bezogen ist.

Nehmen wir als Beispiel die § 215 und § 218. In § 215 heißt es, dass ein Arzt, der einen Mann mit einem Kupfermesser gesund gemacht hat (oder die Augenhöhle geöffnet hat), 10 Sequel Silber erhält. In § 218 heißt es, dass einem Arzt, der einem Mann mit einem Kupfermesser eine schwere Verletzung oder den Tod gebracht hat, die Hände abgeschnitten werden.

Ähnlich verhält es sich bei einem Baumeister bzw. Architekten. In § 228 heißt es, dass ein Baumeister je Sar des gebauten Hauses 2 Sequel Silber erhält. In § 229 heißt es, wenn der Baumeister das Haus nicht richtig festgemacht hat und das Haus durch einfallen den Eigentümer tötet, so wird der Baumeister getötet. In § 230 heißt es, wenn das Haus durch Einfallen den Sohn des Eigentümers tötet, so wird der Sohn des Baumeisters getötet.

Dieser symmetrische Aufbau, welche man heute vielleicht Auf um Aug oder Skin in the game nennt, zieht sich durch alle Gesetzestexte wieder. Es führt dazu, dass derjenige der das Risiko gelernt hat einzuschätzen, für seine Arbeit entlohnt wird, aber von dem Risiko seiner Arbeit nicht befreit wird. Dies ist auch als Talionsprinzip bekannt. Beim Talionsprinzip wird angestrebt, dass der Schaden, denn ein Täter zugefügt wird, gleich dem Schaden, der dem Opfer zugefügt wurde, ein Gleichgewicht angestrebt wird.

Geschichtliche Bedeutung

Seit der Publikation des Textes vor über 100 Jahren wurde in der altorientalistischen und rechtshistorischen Forschung kontrovers über seine Natur und Funktion diskutiert. Die Entdeckung des Kodex Ḫammurabi fiel in die Zeit, als in vielen europäischen Staaten neue Zivilgesetzbücher, darunter auch das BGB in Deutschland, in Kraft traten und die Bedeutung umfassender Kodifikationen geltenden Rechts im öffentlichen Bewusstsein präsent war. Hinzu kam die zeitliche Stellung dieses Textes, welche ihn für lange Zeit als das älteste Gesetzeswerk der Menschheit erscheinen ließ, das dem römischen Zwölftafelgesetz mehr als ein Jahrtausend vorausging.

So interpretierte bereits Scheil den von ihm publizierten Text als „Code des lois de Hammurabi“ (Gesetzesbuch des Ḫammurapi). Als solcher wurde und wird er oft als Beispiel für frühe Gesetzeskodifikationen, die sich am Talionsprinzip orientieren, gehandelt. Für diese Interpretation wird bis heute angeführt, dass der Kodex Ḫammurabi, entsprechend dem oben zitierten Passus auf der Rückseite, eine Erkenntnisquelle für den Rechtsuchenden sei. Außerdem entstamme er einer Zeit, in der im Rahmen der Errichtung des altbabylonischen Reiches ein Bedarf nach einem reichsweit einheitlichen Rechtssystem bestanden habe, und sei daher als legislative Reform zu sehen. Dafür spricht auch, dass Prozessurkunden im Ergebnis den Ansichten des Kodex Ḫammurabi entsprechen. Dies könnte zumindest den Schluss zulassen, dass im Codex damals geltendes Recht festgehalten wurde. Damit wird der Text, je nach Schwerpunktsetzung des Autors, als erlassenes Gesetz, Reformgesetz oder Rechtsbuch, evtl. auch im Sinne einer Sammlung königlicher Rechtsentscheidungen, bezeichnet.